Die Gründung der Ortsgruppe der NSDAP Beckum und ihre Entwicklung

Eine zusammenhängende Geschichte der Entwicklung der Strukturen der NSDAP in Beckum zu verfassen stößt auf Schwierigkeiten. Viele Akten der Partei, der Stadt und des Landratsamtes wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges verbrannt. Was übrig blieb, wurde vermutlich durch Alliierte Streitkräfte beschlagnahmt und mitgenommen. Es sind nur noch wenige Splitter übrig, die von dem Umfang der nationalsozialistischen Bewegung in Beckum berichten können.

Als wichtige Keimzelle der nationalsozialistischen Organisationen in Beckum müssen die rechts-nationalistischen Vereine und Organisationen gelten, die auch in Beckum ihre Ortsgruppen besaßen. Von besonderer Bedeutung war hier der „Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten e.V.“ In dieser Gruppierung hatte Adolf Schürmann erste Erfahrungen in der Leitung einer Organisation gewonnen und verschiedene politische Taktiken erlernt. Die Auflösung des Stahlhelms am 10. Oktober 1929 in Westfalen führte auch zur Auflösung der Beckumer Ortsgruppe, die aber zu diesem Zeitpunkt, so eine Einschätzung eines Polizeimeisters „kaum noch bestand“. Schürmann wandte sich nun dem Nationalsozialismus zu. Verbindungen gab es bereits seit dem gemeinsam vom Stahlhelm, der konservativen DNVP und der NSDAP initiierten Volksbegehren gegen den „Young-Plan“, einer endgültigen Regelung der Tilgung der Reparationen Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg. Dieses Volksbegehren scheiterte zwar, bedeutete aber einen ersten Schulterschluss der Nationalsozialisten mit Konservativen Kräften. Die 1929 einsetzende Wirtschaftskrise führte dazu, dass es zur Reichstagswahl 1930 auch im Altkreis Beckum nun ein wachsendes Wählerpotenzial für die Nationalsozialisten gab. In Beckum stiegen die Wählerstimmen für die NSDAP von 45 im Jahr 1928 auf 269 im Jahr 1930. Auch hier in Beckum war die Wahl eine „Durchbruchswahl“.

Schürmann scharte in seinem Elternhaus Sympathisanten um sich. Fünf Beckumer bildeten im Jahr 1931 die Keimzelle, aus der sich die spätere Ortsgruppe bilden sollte. Schürmann und die anderen traten gemeinsam zum 01. März 1931 der NSDAP bei und zwar der 1929 gegründeten Ortsgruppe Gütersloh. Die Gründe dafür sind leider unbekannt und eigentlich wäre ein Anschluss an die Ahlener Ortsgruppe, die seit 1926 im Kreisgebiet bestand, konsequenter gewesen. Denn in Ahlen gab es seit 1930 regelmäßig Auseinandersetzungen mit den Kommunisten in der Bergarbeiterkolonie. 1929 war auch in Heesen eine NSDAP Ortsgruppe gegründet worden. Ahlen und Heesen orientierten sich stark nach Hamm und dem Ruhrgebiet hin. Nach der Gründung der Beckumer Ortsgruppe und eines NSDAP Stützpunktes in Ennigerloh wurde in Ahlen 1931 eine provisorische Kreisgeschäftssteller der NSDAP aufgebaut. Erst am 01. Oktober 1932 wurde eine Kreisgruppe der NSDAP in Ahlen offiziell gegründet, mit Otto Mey als ersten Kreisleiter. Während Beckum die Kreisstadt der Verwaltung war, wurde Ahlen zur Kreisstadt der NSDAP und damit „Hauptstadt der Bewegung“.

Lange blieben Schürmann und seine Gefolgsleute aber nicht Mitglieder der NSDAP in Gütersloh. Am 01. Juni 1931 wurde die Ortsgruppe Beckum der NSDAP gegründet. Ihr erster Ortsgruppenleiter wurde Hugo Brinkmann, der aber bereits 1932 von Hugo Scheifhacken abgelöst wurde. Bis Ende 1931 wuchs die Partei in Beckum auf mindestens elf Mitglieder an, von denen sechs als Mittelständler und fünf als Arbeiter identifiziert werden können, was beides die wichtigsten sozialen Zielgruppen der NSDAP waren. Aussagen über die Mitgliederentwicklung vor Ort sind auf Grund der fehlenden Unterlagen noch nicht möglich. Es ist aber auch für Beckum anzunehmen, dass die Mitgliederzahl der NSDAP PO (Politische Organisation) bis zum Mai 1933 kontinuierlich stieg und das nach der Rücknahme des Aufnahmestopps ab 1937 vermehrt Beckumer Mitglied der Partei wurden. Dieser reichsweite Anstieg der Mitgliederzahlen machte eine Reorganisation der Partei vor Ort erforderlich.

Vollkommen unbekannt ist die genaue Organisation vor Ort in Beckum. Außer dem Ortsgruppenleiter und seinem Stellvertreter und Kassenwart ist in den Quellen nur noch das besetzte Amt des Propagandabeauftragten fassbar. Noch weniger ist über die Einteilung der Stadt in die Blöcke mit ihren Blockwarten und den unter diesen stehenden Zellen bekannt. Gerade diese beiden Ämter, der Blockwart und der Zellenwart, waren aber eigentlich jene Personen, mit denen die Bevölkerung am häufigsten Kontakt hatten.

Die Umstrukturierung der NSDAP Ortsgruppe Beckum erfolgte nach stetigem Mitgliederzuwachs im Frühjahr 1939. Aus einer Ortsgruppe wurden drei eigenständige Gruppen: Ortsgruppe Beckum-Hirschbach, Ortsgruppe Beckum-Kollenbach und die Ortsgruppe Beckum-Werse. Der ehemalige Ortsgruppenleiter Scheifhaken war zum Kreisbeauftragten ernannt worden und als solcher immer noch für die Beckumer Ortsgruppen verantwortlich. Er war das Verbindungsglied zwischen Kreis- und Ortsebene. Jede Ortsgruppe erhielt einen eigenen Ortsgruppenleiter, so wurde die Ortsgruppe Beckum-Kollenbach von Karl Kelle geführt.

Mitten im Zweiten Weltkrieg erfolgte eine weitere Reorganisation der Partei vor Ort. 1942 wurde die Ortsgruppe der NSDAP Beckum-Hirschbach aufgelöst. Es blieben die beiden Ortsgruppen Beckum-Werse und Beckum-Kollenbach bestehen, bis die Amerikaner in Beckum einmarschierten und der Zweite Weltkrieg und die nationalsozialistische Diktatur für die Püttstadt und ihre Bewohner zu Ende war.

Als eine wichtige Quelle dient die NSDAP Mitgliederkartei, die von den Alliierten Truppen 1945 aufgefunden wurde. Sie wird heute im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde verwahrt. Wenn Sie wissen möchten, ob Ihre Vorfahren Mitglieder der NSDAP waren, können Sie beim Bundesarchiv eine Anfrage stellen: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Artikel/Finden/Epochen/finden-epochen-nutzung-NSDAP-Kartei.html.