Machtergreifung in Beckum – Eine kleine Chronik

20. Mai 1928: Bei den Reichstagswahlen kam die NSDAP in Beckum auf 45 Stimmen.
21. August 1930: Die erste Wahlkampfveranstaltung der NSDAP fand in Beckum im Saal Witwe C. B. Schrulle statt.
14. September 1930: Bei den Reichstagswahlen kam die NSDAP in Beckum auf 269 Stimmen.
01. Juni 1931: Eine Gruppe von fünf Beckumern bildete die Keimzelle der ersten NSDAP-Ortsgruppe. Erster Ortsgruppenleiter wurde Hugo Brinkmann. Parallel entstand eine eigene Sturmabteilung SA.
01. Juli 1931: Hugo Scheifhacken trat der Beckumer NSDAP bei. Er wurde im Laufe des Jahres 1932 der zweite Ortsgruppenleiter nach Hugo Brinkmann.
09. August 1931: Die Beckumer Ortsgruppe der NSDAP trat erstmals öffentlich in Erscheinung. Im Wahlkampf für den Volksentscheid zur Auflösung des Preußischen Landtags, verteilte sie Flugblätter und hing Plakate auf. Eines der Plakate, welches vor der St. Stephanus Kirche hing, wurde von Kirchgängern zerstört.
10. April 1932: Bei der Stichwahl um das Reichspräsidentenamt erhielt Adolf Hitler 821 Stimmen in Beckum.
01. September 1932: Die erste Nummer der Zeitung „Der Aufstieg. Deutsches Wochenblatt für den Kreis Beckum i. Westf.“ erscheint. Diese von Adolf Schürmann aus Beckum herausgegebene Zeitung schaffte noch eine Folgenummer und wurde dann eingestellt.
01. Oktober 1932: In Ahlen gründete sich die Kreisgruppe der NSDAP für den Altkreis Beckum. Als einziges Mitglied im Kreisstab aus Beckum wurde Adolf Schürmann als Organisationsleiter gewählt. Damit war er für den Auf- und Ausbau der NSDAP Organisation im Kreisgebiet verantwortlich.
06. November 1932: Bei den Reichstagswahlen erhielt die NSDAP in Beckum 861 Stimmen. Der Wahlkreis 17, zu dem Beckum gehörte, hatte das viertschlechteste Ergebnis für die NSDAP reichsweit.
31. Januar 1933: Nach der Bekanntgabe in der katholischen Zeitung „Die Glocke“, dass Adolf Hitler am 30. Januar zum Reichskanzler ernannt wurde, zieht die Beckumer SA durch die Straßen und singt antisemitische Hetzlieder. Ein SA-Mann wirft im betrunkenen Zustand die Fensterscheiben eines bekannten Nazi-Gegners ein. „Die Glocke“ kommentierte: „[…] mit solch bedauerlichen Exzessen [musste] wohl gerechnet werden.“
04. Februar 1933: Die NSDAP, die SA und der 1932 erneut gegründete Stahlhelm Beckum machen einen Fackelzug zu Ehren des neu gewählten Reichskanzlers durch die Püttstadt.
05. Februar 1933: Die Wohnungen von mehreren bekannten Kommunisten in Beckum wurden von der Polizei wegen Verdachts auf unerlaubten Waffenbesitz durchsucht.
20. Februar 1933: Wahlkampfzug der NSDAP und der SA durch Beckum. In der Nacht zum 21. Februar kommt es in der Stadt zu vereinzelten Ausschreitungen und Schlägereien zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten.
27. Februar 1933: Die NSDAP trat zum ersten Mal bei einer Kommunalwahl in Beckum mit einer eigenständigen Liste an. Spitzenkandidat wurde Adolf Schürman. In der Nacht kam es zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten auf dem Beckumer Marktplatz.
01. März 1933: In Folge des Reichstagsbrandes in Berlin werden noch in der Nacht vier Beckumer Funktionäre der KPD durch die Polizei „in Schutzhaft genommen“. In ganz Deutschland wurden gut 25.000 Personen inhaftiert. Es kam zu Schlägereien in den Straßen der Beckumer Innenstadt zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten.
05. März 1933: Bei den Reichstagswahlen holte die NSDAP in Beckum 1.525 Stimmen, gut 23,5 Prozent. Deutschlandweit lag ihr Ergebnis bei 34,3 Prozent. „Die Glocke“ sprach einen Tag später von einer „Nationalsozialistische[n] Sturmflut“.
08. März 1933: Die Beckumer SA zog um 12 Uhr Mittags auf dem alten Kreisständehaus die Hakenkreuzfahne auf. Um 15 Uhr wurde von der SA auch auf dem Rathaus die Hakenkreuzfahne gehisst.
12. März 1933: Bei der Kommunalwahl zur Stadtverordnetenversammlung in Beckum holte die NSDAP 973 Stimmen. Sie stellte damit eine Fraktion von vier Personen in der Stadtverordnetenversammlung.
21. März 1933: Der Tag von Potsdam wurde auch in Beckum als „Nationalfeiertag“ begangen. Ein großer Fackelzug zog durch die geschmückte und mit Flaggen versehene Innenstadt. „Hakenkreuzfahnen waren mehr als sonst zu sehen“, so berichtete die „Glocke“. Das Rathaus war festlich illuminiert. Der Zug bestand aus dem Beckumer Reiterverein, SA, NSDAP, Stahlhelm, Gymnasium mit Blasorchester und dem Nationalsozialistischen Schülerbund, die Beamten der Eisenbahn, die Freiwillige Sanitätskolonne, der Kriegerverein mit dem Landrat, der Gardeverein, der Kavallerieverein, der Marineverein, die Stadtkapelle, die Freiwillige Feuerwehr mit dem Bürgermeister und dem Turnverein.
29. März 1933: Der von Joseph Goebbels an diesem Tag verkündete Boykott jüdischer Geschäfte, der eigentlich am 01. April geschehen sollte, wurde in Beckum bereits an diesem Tag durchgeführt. Alle jüdischen Geschäfte mussten schließen und die SA kontrollierte den Boykott.
20. April 1933: Der Geburtstag des Reichskanzlers Adolf Hitler wurde erstmals von der NSDAP mit einem Fackelzug durch die Innenstadt gefeiert.
21. April 1933: Die neugewählte Stadtverordnetenversammlung konstituierte sich. Die Sitzung wurde über Lautsprecher auf den Marktplatz übertragen, wo sich eine große Menschenmenge versammelt hatte. Das Mandat der Kommunisten wurde annulliert. Die Vertreter der Christlichen Arbeiter und die Sozialdemokraten (SPD) wurden beleidigt, bedroht und mussten den Sitzungssaal verlassen. Die Macht lag nun bei einer Koalition aus NSDAP, des Kampfbundes Schwarz-Weiß-Rot, der Gewerbeliste und der Beamten- und Angestellten-Liste.
04. Mai 1933: Die SPD Ortsgruppe Beckum löst sich auf.
05. Mai 1933: Die Stadtverordnetenversammlung trat zu ihrer zweiten Sitzung zusammen. Die Mandate der SPD wurden annulliert, ebenso drei Mandate der Liste Christliche-Gewerkschaft, deren Inhaber nicht erschienen waren. Der Magistrat wurde mit Nationalsozialisten besetzt. Es wurden Untersuchungsausschüsse eingesetzt, um vermeintliche Verfehlungen der Stadtverwaltung zur Zeit der Weimarer Republik aufzudecken.
14. August 1933: Die Stadtverordnetenversammlung trat zum letzten Mal zusammen. Auch die letzten Mitglieder der Liste Christliche-Gewerkschaft hatten ihre Mandate niedergelegt, womit die Stadtverordnetenversammlung nominell nicht mehr beschlussfähig war. Dennoch setzte die von der NSDAP dominierte Koalition noch mehrere Anträge durch und verabschiedete den Haushalt für das Jahr 1933. Das „Regieren“ in Beckum übernahm der von Nationalsozialisten dominierte Magistrat, wobei der Bürgermeister Dr. Jütten mitarbeitete.
15. Dezember 1933: Das neue Gemeindeverfassungsrecht trat in Kraft. Alleinige politische Entscheidungsgewalt hatte nach dem Führerprinzip der „Leiter der Gemeinde“, also der Bürgermeister, allerdings nur auf den Gebieten, für die nicht „letztlich eine andere Stelle bestimmt“ war. Die gewählte Stadtverordnetenversammlung wurde aufgelöst und durch einen Gemeinderat ersetzt, dessen Mitglieder von der NSDAP bestimmt wurden.
04. April 1934: Der neue Gemeinderat trat erstmals zusammen. Er bestand aus zwölf Gemeinderäten, hauptsächlich Beckumer Unternehmern und Nationalsozialisten. Die vom Gemeinderat beschlossenen Entschließungen wurden aber erst durch die Gegenzeichnung durch den Bürgermeister rechtskräftig. Diese wurden in zwei „Niederschriftenbüchern über die Entschließungen des Bürgermeisters der Stadt Beckum“ gesammelt.
31. Dezember 1934: Die Glocke veröffentlichte die Namen der zwölf neuen Stadtverordneten, die ab Januar 1935 den neuen Gemeinderat bilden sollten. Es waren zwölf Parteimitglieder, womit die kommunale Gewalt vollständig in der Hand der NSDAP lag. Auch die Gemeindevertretungen im Amt Beckum - Kirchspiel Beckum, Vellern, Lippborg, Sünninghausen - wurden mit Nationalsozialisten besetzt.
18. Januar 1935: Auf einer großen Versammlung in Beckum wurden alle 260 neuen Gemeindevertreter der einzelnen Gemeindevertretungen der verschiedenen Städte und Dörfer des Kreises Beckum in ihr Amt eingeführt. Der Kreisleiter der NSDAP führte aus, dass der von den neuen Gemeindevertretern geforderte arische Nachweis - auch ihre Ehefrauen mussten arisch sein - nicht ausreiche, um die Amtsdauer von 12 Jahren durchzuhalten. Nach einem Jahr werde die NSDAP die Arbeit eines jeden Gemeindevertreters untersuchen und beurteilen, ob er im nationalsozialistischen Sinne gehandelt habe.